Besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung
Kanzleitelefon 06221 / 97 99 20
In den letzten Jahren hat der sog. „Cum-Ex-Skandal“ für großes Aufsehen gesorgt. Dabei ist dem Staat ein schaden in Milliardenhöhe entstanden. Dabei sollen durch komplizierte Geschäfte undurchsichtige Strukturen geschaffen worden sein, um so Steuern im großen Stil zu hinterziehen.
Wann liegt ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor?
In § 370 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) werden sechs Regelbeispiele aufgelistet. Liegt ein solches Regelbeispiel vor, soll ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung bestehen. Nach § 370 Abs. 3 S. 2 AO liegt in der Regel ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor, wenn
Steuern in großem Ausmaß hinterzogen werden (Nr. 1):
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein großes Ausmaß bereits bei einer Steuerhinterziehung von 50 000 € vor. Wenn beispielsweise bei Cum-Ex-Geschäften eine Steuerhinterziehung angenommen wird, dann sollte fast immer ein großes Ausmaß erreicht sein und somit ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegen.ein Amtsträger seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht (Nr. 2).
die Mithilfe eines Amtsträgers ausgenutzt wird, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht (Nr. 3).
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern hinterzogen werden (Nr. 4):
Hierfür ist erforderlich, dass mindestens zwei Steuerhinterziehungen bereits begangen wurden, damit das Tatbestandsmerkmal der fortgesetzten Begehung erfüllt ist.der Täter ein Mitglied einer Bande ist, die sich zur fortgesetzten Steuerhinterziehung verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuern erlangt (Nr. 5):
Nach der Rechtsprechung besteht eine Bande, wenn sich mindestens drei Personen verbunden haben, um gemeinsam für eine gewisse Dauer Straftaten zu begehen. Zu dem Regelbeispiel Nr. 5 gehören insbesondere Fälle sog. „Umsatzsteuerkarusselle“.der Täter eine unter seinem Einfluss stehende Drittstaat-Gesellschaft verwendet, um steuerlich erheblicher Tatsachen zu verschleiern und auf diese Weise fortgesetzt Steuern hinterzieht (Nr. 6):
Dieses Regelbeispiel wurde nachträglich als Reaktion auf die sog. „Panama Papers“ hinzugefügt. Nach § 138 Abs. 3 AO besteht eine Drittstaat-Gesellschaft lediglich dann, wenn sie ihren Sitz außerhalb der EU hat und das jeweilige Land nicht zu den sog. EFTA-Staaten gehört. Damit fallen Briefkastenfirmen etwa in Liechtenstein oder Malta nicht unter diese Regelung. Ferner muss wie bei dem Regelbeispiel Nr. 4 eine fortgesetzte Begehung vorliegen, also mindestens zwei Steuerhinterziehungen bereits begangen worden sein.
Zu beachten ist, dass diese Regelbeispiele bloß Indizien für einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung sind, die auch entkräftet werden können. Ferner muss bei jedem Regelbeispiel die Steuerhinterziehung vorsätzlich begangen worden sein.
Strafmaß
Gemäß § 370 Abs. 3 AO wird ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. Somit stellt § 370 Abs. 3 AO eine deutliche Strafverschärfung zur „normalen“ Steuerhinterziehung dar, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft wird. Auch verlängert sich bei einem besonders schweren Fall die strafrechtliche Verjährung von 5 auf 10 Jahre (§ 376 Abs. 1 AO).
Strafbefreiende Selbstanzeige
Bei einer „normalen Steuerhinterziehung“ besteht durch eine strafbefreiende Selbstanzeige die Möglichkeit, trotz einer begangenen Straftat im Nachhinein Straffreiheit zu erlangen. Diese strafbefreiende Wirkung ist allerdings bei Vorliegen eines Regelbeispiels gesperrt (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AO). Stellt sich jedoch heraus, dass das zunächst angenommene Regelbeispiel doch nicht vorliegt, ist die Selbstanzeige wieder möglich. Liegt ein Regelbeispiel vor und die strafbefreiende Selbstanzeige ist gesperrt, besteht noch die Möglichkeit einer Zuschlagszahlung gemäß § 398a AO, mit der sich der Täter „freikaufen“ kann.
Wenn Sie eine Selbstanzeige in Erwägung ziehen, sollten Sie sich unbedingt zuvor anwaltlich beraten lassen. Ein Strafverteidiger kann überprüfen, ob in Ihrem konkreten Fall eine Selbstanzeige sinnvoll ist und Sie zu Ihren verschiedenen Handlungsmöglichkeiten beraten.
Empfohlene Vorgehensweise
Wenn gegen Sie wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung ermittelt wird, sollten Sie unverzüglich einen Rechtsanwalt kontaktieren. Im Ermittlungsverfahren werden bereits wichtige Weichen für den weiteren Verlauf des Verfahrens gestellt. Auch sollten ohne vorherige anwaltliche Beratung keinesfalls eine Aussage gemacht werden. Ein Strafverteidiger kann nach erfolgter Akteneinsicht entscheiden, ob eine Aussage getätigt werden sollte oder nicht.
Rechtsanwalt Kian Fathieh besitzt langjährige Erfahrung bei der Steuerstrafverteidigung von Mandanten und steht Ihnen bundesweit gerne zur Verfügung.
Rechtsberatung ist überregional möglich
Eine Rechtsberatung und anwaltliche Strafverteidigung im Steuerstrafrecht ist nicht nur am Sitz der Kanzlei in Heidelberg, sondern bundesweit möglich.
Kontakt zur Kanzlei
Die Kanzlei Fathieh ist für Sie montags bis freitags an Werktagen von 07:00 Uhr – 19:00 Uhr unter der Rufnummer
06221 / 97 99 20
erreichbar.
Bitte vereinbaren Sie unter dieser Rufnummer einen Termin, damit Rechtsanwalt Fathieh für die Besprechung mit Ihnen Zeit hat. Sofern Sie an einem Werktag in der Zeit zwischen 07.00 Uhr und 19.00 Uhr anrufen, wird Herr Rechtsanwalt Fathieh Sie noch innerhalb desselben Tages zurückrufen!