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Rechtsanwalt Kian Fathieh

Der Strafverteidiger und dessen Aufgaben

Strafverteidiger, Aufgaben

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1. Herstellung der Waffengleichheit

Sinn und Zweck der Strafverteidigung liegt darin, Waffengleichheit im Strafprozess herzustellen. Anders als in anderen Prozessen stehen dem Beschuldigten auf der Gegenseite nämlich die juristisch ausgebildete Polizei und Staatsanwaltschaft gegenüber. Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gebietet daher eine Möglichkeit für den Beschuldigten als juristischen Laien, Unterstützung und Beratung in Anspruch zu nehmen.

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Die Aufgabe des Strafverteidigers besteht somit darin, Wahrung und Durchsetzung der Rechte des Beschuldigten während des Verfahrens sicherzustellen. Die dafür notwendige Betreuung des Beschuldigten ist in jedem Stadium des Strafverfahrens möglich, § 137 StPO.

Hinweis: Die Kanzlei Hat eine Unterseite mit detaillierten Erläuterungen zum Ablauf eines Strafverfahrens.

2. Der Unterscheid zwischen Wahlverteidiger und Pflichtverteidiger

a) Wahlverteidiger

Im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens hat jeder Beschuldigte aus § 137 StPO ein Recht darauf, einen – selbst gewählten – Verteidiger hinzuzuziehen (Wahlverteidiger). Darauf ist das Gericht gemäß § 136 StPO verpflichtet, den Beschuldigten hinzuweisen. Eine grundsätzliche Pflicht zur Strafverteidigung folgt daraus aber nicht.

b) Pflichtverteidigung

Als Ausnahme gelten allerdings die Fälle der sog. notwendigen Verteidigung in § 140 StPO. Dabei handelt es sich um Konstellationen, in denen dem Beschuldigten aufgrund der Schwere des Tatvorwurfs und der damit verbundenen Besonderheiten im Verfahren bzw. drohenden Konsequenzen ein Pflichtverteidiger zur Verfügung stehen muss.

Hinweis: Es gibt eine Unterseite zu den Einzelheiten zu den Voraussetzungen Pflichtverteidigung von Herrn Rechtsanwalt Fathieh.

c) Praktische Auswirkungen der Verteidigungsart

Die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Verteidigung sind bei der Pflichtverteidigung identisch zur Wahlverteidigung. Lediglich die Kosten werden auf unterschiedliche Art und Weise beglichen: Während der Beschuldigte seinen Wahlverteidiger unmittelbar bezahlen muss, leistet der Staat für den Pflichtverteidiger zunächst Vorschuss, nimmt den Beschuldigten im Falle einer Verurteilung jedoch anschließend in Anspruch – und zwar unabhängig von dessen finanzieller Situation.

In Fällen der notwendigen Verteidigung steht es dem Beschuldigten trotzdem frei alternativ oder zusätzlich zum zugeordneten Pflichtverteidiger (maximal drei) Wahlverteidiger zu bestellten. Entscheidend ist allein, dass ein Strafverteidiger hinzugezogen wird.

Hinweis: Einen Strafverteidiger zu Rate zu ziehen ist bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens unbedingt und unabhängig von den Fallgruppen der notwendigen Verteidigung ratsam. Denn wichtige Weichen werden zu Beginn des Strafverfahrens, also im Ermittlungsverfahren gestellt. In der juristischen Literatur wird daher zu Recht von der prägenden Kraft des Ermittlungsverfahrens gesprochen

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3. Die richtige Prozessstrategie

Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Strafverteidigers liegt darin, die richtige Verteidigungsstrategie für das bestmögliche Ergebnis zu entwickeln und diese im Strafverfahren umzusetzen bzw. ggf. flexibel anzupassen. Bestandteil der Strafverteidigung ist es deshalb auch, Prognosen über Verlauf und Ausgang des Prozesses aufzustellen.

a) Vorbereitung des Prozesses

Die strategische Vorbereitung des Verfahrens umfasst Überlegungen dazu, ob je nach Fallkonstellation, alle Vorwürfe zurückgewiesen oder ein umfassendes Geständnis abgelegt werden sollte, in welchem Umfang bzw. ob überhaupt Aussagen durch den Beschuldigten sinnvoll sind, die Erhebung welcher Beweise zur Entlastung des Beschuldigten beantragt werden können und ob die Einlegung von Rechtsmitteln (Berufung und Revision) Aussicht auf Erfolg hätte. Denkbar sind auch Prozesse, die sich hauptsächlich auf der Strafzumessungsebene abspielen. Dann kann die Verteidigung dort ansetzen und bspw. - je nach Fallkonstellation, durch die Empfehlung ein Geständnis abzulegen, einer freiwilligen Wiedergutmachung oder einer aufrichtigen Entschuldigungen gegenüber dem Opfer, eine milde Strafe erreichen.

b) Durchführung im Prozess

In Zusammenarbeit mit dem Beschuldigten besteht die Strafverteidigung darin, Beweise zu sichern und Aussagen vorzubereiten. Die Strafverteidigung übernimmt für den Beschuldigten zudem die Aufgabe, sich im Verfahren direkten Konfrontationen mit Richter und Staatsanwaltschaft zu stellen. Auch die geschickte Zeugenvernehmung ist eine wichtige Aufgabe des Verteidigers für den Angeklagten.

Der Strafverteidiger trägt darüber hinaus auch Sorge dafür, dass das komplexe Verfahren ordnungsgemäß verläuft, insbesondere dass Aussageverweigerungsrechte von Zeugen bekannt und ggf. gebraucht werden oder dass bei der Beweisaufnahme nicht gegen Verwertungsverbote verstoßen wird.

4. Rechte des Strafverteidigers

Um die bestmögliche Verteidigung des Beschuldigten zu gewährleisten, stehen der Strafverteidigung folgende Rechte zu:

• Jederzeitiges Äußerungsrecht für den Mandanten, § 137 StPO

• Akteneinsichtsrecht, § 147 StPO, welches jedoch insoweit eingeschränkt ist, als dass der Untersuchungszweck gefährdet würde.

• Beweisantragsrecht und Fragerecht, §§ 219, 244 ff., 240 Abs. 2 StPO

• Anwesenheitsrecht bei allen Vernehmungen § 163a Abs. 3 S. 2 i. V. m. 168c Abs. 1 und 2 StPO, d. h. vor Gericht, durch die Polizei sowie von der Staatsanwaltschaft.

• Die jederzeitige Kontaktierung der Strafverteidigung durch den Mandanten muss möglich sein, § 148 StPO. Der schriftliche oder mündliche Kontakt zwischen Strafverteidigung und Beschuldigtem darf der Staatsanwaltschaft/Polizei (auch in Untersuchungs-Haft) nicht zugänglich sein.

5. Pflichten des Strafverteidigers

a) Parteilichkeit

Die Strafverteidigung ist verpflichtet, die Interessen des Beschuldigten zu verfolgen. Damit steht die Strafverteidigung im Prozess ausschließlich auf Seiten des Beschuldigten und ist damit zu einer subjektiven Betrachtungsweise verpflichtet. Gemäß § 203 StGB besteht eine Verschwiegenheitsverpflichtung, wonach die Offenbarung von den Beschuldigten belastenden Informationen ohne Zustimmung durch die Strafverteidigung unter Strafe steht.

b) Wahrheitspflicht und Verbot der Strafvereitelung

Gleichzeitig besteht aber in Spannungsverhältnis dazu die standesrechtliche Wahrheitspflicht. Als Organ der Rechtspflege darf die Strafverteidigung also nicht für den Mandanten lügen. Danach beurteilt sich auch die Schwelle zur Strafbarkeit gemäß § 258 StGB: Grundsätzlich muss die Strafverteidigung alle prozessualen Möglichkeiten zugunsten des Beschuldigten ausnutzen können dürfen, mit aktiven Verstößen gegen die Wahrheitspflicht macht sich der Strafverteidiger allerdings der Strafvereitelung schuldig.

6. Das Verhältnis zwischen Beschuldigtem und Strafverteidiger

Für den Erfolg der Strafverteidigung ist es grundsätzlich irrelevant, ob der Mandant die Tat schuldhaft begangen hat oder nicht. Zu einer Verurteilung kann es nur kommen, wenn die Tat gemäß den Vorschriften der Strafprozessordnung nachgewiesen werden kann – und allein daran orientiert sich die Verteidigungsstrategie.

Zu beachten ist allerdings, dass die Strafverteidiger die Wahrheit kennen sollte. Abgesehen davon, dass ein gutes Vertrauensverhälnis zwischen Beschuldigtem und dessen Strafverteidiger wünschenswert ist, wird es andernfalls kaum möglich sein, die Gefahren oder Erfolgsmöglichkeiten im Prozess frühzeitig zu erkennen und entsprechend die beste Verteidigungsstrategie für den Mandanten zu entwickeln.

Da ein Strafprozess für den Beschuldigten erhebliche persönliche und wirtschaftliche Bedeutung hat, sollte ein Strafverteidiger frühestmöglich eingeschaltet und vorher unbedingt das Schweigerecht in Anspruch genommen werden.